Der berühmte Jakobsweg führt durch die Hansestadt

Seit Jahrhunderten machen sich Pilgernde auf dem berühm­ten Jakobs­weg nach San­tiago de Com­postela in Nord­spanien auf. Spätestens seit Hape Kerkelings Milli­o­nen­best­seller „Ich bin dann mal weg“ boomt das Pilgern auch heute noch auf der legen­dären Strecke. Was viele nicht wissen: Der Jakobs­weg ist ein europa­weites Netz aus Wander­routen. Auch durch Bremen führt ein Teil des geschichts­trächtigen Weges.

Pilgerführer Martin Gottschewski (links) und Pilgerpastor Christian Naegeler am Bremer Jakobsweg.

Es ist ein sonniger Herbsttag. Am Bremer Dom stehen zwei Pilger, sie haben ihre Ruck­säcke geschnürt und starten ihre Reise auf dem Jakobs­weg. Die beiden orien­tieren sich im Bremer Zentrum an kleinen blau-gelben Weg­weisern mit der bekann­ten Jakobs­muschel. Bald sind sie außer Sicht­weite. Die Weg­weiser entdeckt man überall, wenn man erst einmal auf sie achtet. Zu verdan­ken sind sie einem enga­gierten Team um Martin Gottschewski. Der Bremer ist für Nord­deutschland der Beauftragte der Deutschen St. Jakobus-Gesell­schaft und auch zuständig für die Weg­markierungen.

Selbstverständlich ist er selbst Pilger, sogar Pilger­führer, und gemein­sam mit seiner Frau Christa Autor verschie­dener Pilger- und Wander­führer im Eigen­verlag. „Von Bremen aus kann man auf dem weit­verzweigten Netz bis nach Santiago de Compostela pilgern. Viele wissen gar nicht, dass sie vor der Haustür starten können“, erzählt er. Er hat diese lange Tour 2013 während einer sieben­monatigen Auszeit mit seiner Frau gemacht. „Unser Leben spielt in Bremen und auf dem Jakobsweg“, lacht er.

Bremen hat Tradition als Pilgerstadt

Bremen war für Pilgernde aufgrund der Lage an wichtigen Handels­wegen zu Land und zu Wasser einst ein wich­tiger Knoten­punkt auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Sie schifften sich an der Schlachte an der Weser ein, um an Bord einer Kogge bis nach Bordeaux zu reisen. Nach­bauten histo­rischer Schiffe erin­nern heute daran, und auch sonst fin­den sich in der Hanse­stadt Hinweise auf die Tradi­tion Bremens als Stadt der from­men Wanderer.

Mit Christian Naegeler hat Bremen sogar einen Pilgerpastor. „Ich bin Ansprech­partner für alle, die sich mit Pilgern befas­sen“, erläu­tert er. „In Bremen gibt es eine ganze Menge Menschen, die sich dafür enga­gieren und auch die Kirchen­gemeinden sind immer offen für Pilger und sehr gast­freundlich.“

„Buen Camino“ ist der wichtigste Gruß auf dem Jakobsweg. © WFB/Jens Lehmkühler

Via Baltica führt durch Bremen

Der Weg, der durch Bremen führt, wird auch Via Baltica genannt. Er gilt als einer der bekann­testen Pilger­wege in Deutsch­land und führt auf einer histo­rischen Handels­route von Usedom an der Ostsee bis nach Osnabrück. Die Bremer Landes­grenze betreten die Pilgern­den von der nieder­sächsi­schen Gemeinde Lilien­thal kommend im Stadtteil Borgfeld. Die Strecke verläuft den Kuh­gra­ben­weg entlang durch das Block­land und schließ­lich durch den Bürger­park Richtung Zentrum.

Nach der Durchquerung des Friedens­tunnels und der Wall­an­lagen errei­chen die Pilgern­den den impo­santen St.-Petri Dom. Hier bekom­men sie nicht nur den obli­ga­to­rischen Pilger­stempel – im Bibel­garten stoßen sie auch auf eine von meh­re­ren Jakobus­figuren. Weitere befin­den sich im Schnoor an der Fassade des Packhau­ses, in dem das Bremer Geschich­ten­haus ansässig ist, im Focke Museum und bei der Martinikirche.

Der Start von Bremen aus lohnt sich

Der Jakobsweg führt vom Dom weiter über die Wilhelm-Kaisen-Brücke an der kleinen Weser und am Werder­see entlang. „Das ist traumhaft. Man geht am Wasser auf teils schönem Natur­boden unter einem Blätterdach“, schwärmt Gottschewski. Damit kommt er direkt zu einer Beson­der­heit des Bremer Jakobs­weges: „Nach nur 600 Metern vom Zentrum der Stadt verlässt man schon den urbanen Raum und ist in der Natur.“ Er will damit sagen: kein kilo­meter­langes Marschieren durch Vororte und belebte Straßen.

Pilgerpastor Christian Naegeler bestätigt das: „Man kann mitten in der Großstadt starten, dann geht es ganz schnell ins Grüne. Und ein Blick von natürlicher Weite entsteht.“ Wenn man in Bremen los­laufe, lohne es sich daher beson­ders, so Gottschewski: „Es ist land­schaft­lich reiz­voll, es gibt viel Wald und Natur­wege. Man kann ganz viele Dinge ent­decken, wenn man einen Blick dafür hat. Die Beson­der­heit des Bremer Weges ist auch die Geschichte der Stadt selbst. Egal, wo ich hinkomme, jeder auf der Welt kennt die Bremer Stadt­musikanten.“ Auch das Welt­kultur­erbe-Rathaus, der Roland und das pittoreske Altstadt­viertel Schnoor liegen am Weg und lohnen einen Besuch.

Wegweiser mit der stilisierten Jakobsmuschel kennzeichnen den Jakobsweg. © WFB/Jens Lehmkühler

„Man trifft die ganze Welt hier“

Wie viele Pilgernde den Bremer Weg laufen oder hier starten, sei schwer zu beant­worten, sagen Pilger­führer und Pilger­pastor einhel­lig. Gottschewski geht von etwa tausend Menschen pro Jahr aus. Ein Viertel komme wohl aus Bremen und dem Umland, sehr viele aber auch von anderswo. „Zum Beispiel aus Süd­deutsch­land, Berlin, Spanien, Polen und den skan­di­na­vischen Ländern“, zählt er auf. „Man trifft die ganze Welt hier.“

Auch Christian Naegeler findet es erstaun­lich, wie breit das Spektrum und die Moti­vation der Menschen ist, die pilgern. Er weist auf die spiri­tuelle Kompo­nente hin: „Pilgern ist nicht Wandern, son­dern auch eine Konfron­tation mit sich selbst oder auch mit Gott. Es ist eine Übung des Gebetes mit den Füßen.“ Es sei faszi­nierend, einen Weg zu gehen, den schon so viele vor einem gegangen seien. Auch könne man dabei los­las­sen und zur Ruhe kommen.

Jährlich begeben sich Hunderttausende auf die Reise

Seit Jahrhunderten führt der Jakobsweg Pilgernde zur Kathe­drale von Santiago de Compostela und zum vermeint­lichen Grab des Apostels Jakobus. Er war einer der zwölf Jünger Jesu und missio­nierte der Legende nach auf der iberi­schen Halb­insel. In den vergan­genen Jahr­zehn­ten hat sich die Strecke zu einem der bekann­testen Pilger­wege entwickelt. Die UNESCO ernannte den spanischen Teil 1993 zum Welt­kultur­erbe. Jährlich begeben sich Hundert­tausende auf die Reise. „Buen Camino“ ist ihr wich­tig­ster Pilger­gruß – er heißt so viel wie: „Guten (Jakobs)Weg“.

Viele Pilgernde tragen die Jakobsmuschel als Erkennungzeichen. © WFB/Jens Lehmkühler

Das internationale Symbol der Jakobsmuschel zieht sich durch ganz Europa. Bis zum 13. Jahrhun­dert galt sie selbst als Nachweis für die erfolg­reiche Pilger­schaft, danach ersetzte die Compostela-Urkunde sie. Die Muschel tragen heute viele Pilgernde als Erken­nungs­zeichen, auch ist sie ist zum belieb­ten Souvenir geworden.

„Was den Weg zu einem wichtigen Teil prägt und ausmacht, sind auch die Begeg­nungen und Erleb­nisse, der Aus­tausch mit Menschen“, betont Gottschewski. Viele Kirchen­gemeinden stellen ihre Räume als Schlaf­platz zur Verfügung, Privat­leute bieten für eine Nacht ein Dach über dem Kopf an – so auch in Bremen. Beim Kapitel 8, dem Infor­mations­zentrum der Bremischen Evan­gelischen Kirche, können sich Pilgernde nach aktuellen Übernach­tungs­mög­lich­keiten erkun­digen. „Der Jakobs­weg bringt die kirch­liche und die welt­liche Seite zusam­men“, sagt Gottschewski. „Hier in Bremen gibt es eine enge Zusam­men­arbeit und ein sehr gutes Miteinander.“

Für alle Pilgernde und Interessierte wird in Bremen jeden zweiten Donnerstag im Monat ab 18.30 Uhr im Lighthouse der Bremischen Evan­gelischen Kirche direkt an der Schlachte ein Pilgertreff angeboten. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.

Quelle: WFB • Wirtschafts-Förderung-Bremen – ein Artikel von Ira Scheidig vom 9.10.2025


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